„Gier“ in der Management-Etage
Immer wieder sorgen in Deutschland Top-Manager:innen mit Skandalen für Schlagzeilen, die in der Öffentlichkeit als von Gier getrieben wahrgenommen werden. Sei es VW-Vorstandsvorsitzender Martin Winterkorn, Bänker Josef Ackermann oder jüngst RBB-Intendantin Patricia Schlesinger. Macht korrumpiert und Menschen in Machtpositionen schrecken oft nicht davor zurück, sich auf Kosten anderer, auch der eigenen Angestellten, zu bereichern.
In unserer Studie untersuchen wir, wie Menschen als Manager:innen über das Gehalt von Arbeiter:innen entscheiden. Es zeigt sich: Wenn es um den eigenen Profit geht, werden insbesondere männliche Manager sehr knauserig. Sie bezahlen Arbeiter:innen sogar im Schnitt weniger als den Mindestlohn!
500 Teilnehmende kamen dazu ins KD2 Lab. Die Teilnehmenden der Studie wurden aus dem Proband:innenpool des KD2 Labs eingeladen, der überwiegend aus Studierenden aller Fachsemester, aber auch aus Alumni und sonstigen Interessierten besteht. Dabei wurde insbesondere auf eine gleiche Geschlechterverteilung geachtet. Der Zufall entschied, ob Teilnehmende als Manager:innen oder als Arbeiter:innen agierten. Manager:innen mussten nichts tun, außer einen „angemessenen“ Lohn für die Arbeiter:innen festzulegen und konnten das Labor nach kurzer Zeit wieder verlassen. Die Arbeiter:innen mussten hingegen 100 Kugelschreiber montieren und demontieren. Eine sehr unangenehme Tätigkeit, die länger als eine Stunde dauerte. Es bestand kein direkter Kontakt zwischen den Proband:innen, alle Teilnehmenden blieben anonym.
Alle Manager:innen wurden mit der gleichen Entscheidung konfrontiert: Welche Entlohnung (zwischen 0 und 21 Euro) soll der oder die Arbeiter:in für die Tätigkeit erhalten? Eine Hälfte der Manager:innen musste dabei beachten, dass jeder Euro, der nicht als Entlohnung bezahlt wird, an der Universität bleibt und in einen Forschungstopf wandert (Treatment „Baseline“ siehe unten). Die andere Hälfte durfte das nicht für Entlohnung verwendete Geld selbst behalten (Treatment „Self“). Die Entscheidungen wurden danach genau so umgesetzt. Alle auszahlungsrelevanten Informationen wurden den Proband:innen mitgeteilt und das im Experiment verdiente Geld beim Verlassen des Labors ausgezahlt.
Wenn es um den eigenen Profit geht, werden männliche Chefs sehr knauserig
Ging es um den eigenen Gewinn, legten männliche Manager im Schnitt einen Arbeitslohn fest, der unter dem Mindestlohn lag („Self“, blaue Linie). Deutlich generöser wurden sie, wenn es nicht um ihren eigenen Profit ging („Baseline“, blaue Linie). Dieses Ergebnis bestätigt bisherige Studien, wonach männliche Entscheider großzügiger gegenüber Dritten sind, sofern diese Großzügigkeit nicht zu ihrem eigenen Nachteil ist.
Weibliche Managerinnen zeigten sich hingegen deutlich konsistenter (pinke Linie). Hier spielte es keine signifikante Rolle, ob sie den Lohn in Abwägung zu ihrem eigenen Profit oder in Abwägung zum Forschungstopf festlegten. Es scheint also, also würden sich Managerinnen weit weniger vom eigenen Profit lenken lassen, wenn es darum geht, die Arbeit Anderer zu vergüten.
Chefinnen zahlen fairer
Immer wieder wird darauf hingewiesen, dass es noch viel zu wenig Diversität im Management gibt. Unsere Studie zeigt, dass dies sehr zum Nachteil für die Belegschaft sein kann. Dieses Thema wird uns auch noch in Zukunft beschäftigen: Die meisten Teilnehmenden kamen aus dem Studiengang Wirtschaftsingenieurwesen am KIT. Dieser Studiengang gilt als Kaderschmiede für den Managementnachwuchs in Deutschland.
Zum Weiterlesen:
Hartmann, M. (2016): Die globale Wirtschaftselite: Eine Legende. Campus Verlag.
Andreoni, James, and Lise Vesterlund. "Which is the fair sex? Gender differences in altruism." The Quarterly Journal of Economics 116.1 (2001): 293-312.
Autor:innen
David Huber
David Huber ist Doktorand am Lehrstuhl für Politische Ökonomie. Zu seinen Forschungsinterressen gehören experimentelle Verhaltensökonomie, Marktdesign und Auktionstheorie. Zudem ist er Mitarbeiter am KIT-Zentrum Mensch und Technik.
Dr. Leonie Kühl
Dr. Leonie Kühl ist promovierte Verhaltensökonomin und Mitarbeiterin am Karlsruhe Service Research Institut (KSRI). Dabei interessiert sie sich besonders für humanzentrische Themen und Arbeitsweisen.
Nora Szech ist Inhaberin des Lehrstuhls für Politische Ökonomie am Karlsruher Institut für Technologie (KIT). Sie forscht zu Markt und Moral. Ihre Arbeiten sind in Top-Outlets wie Science, Review of Economic Studies und Management Science erschienen. Nora Szech gehört zu den Capital Top 40 unter 40 und ist Reinhard Selten Preisträgerin.