New Work – New Skills. New People? Kompetenzen am Arbeitsplatz der Zukunft

Die Digitalisierung verändert die Anforderungen an Teams und Führungskräfte. Welche Kompetenzen sind dafür zentral?
Ein aufgeklappter Laptop, zwei Hände tippen darauf. Transparent darüber liegt die Darstellung einer Balkengrafik, das Bild soll Arbeit der Zukunft symbolisieren.Nattanan Kanchanaprat, Pixabay

Smartphone, Tablet, digitale Sprachassistenten und smarte Haushaltsgeräte haben ihren festen Platz in vielen Haushalten gefunden. Viele dieser Dinge nutzen wir täglich, ob zu Hause oder bei der Arbeit. Wir nehmen ganz selbstverständlich an digitalen Videokonferenzen teil und lassen uns Informationen über unsere Fitness oder aktuelle Nachrichten auf unser Smartphone schicken. Die Art der Kommunikation und des Informationsaustausches ändert sich und das Thema Digitalisierung und künstliche Intelligenz ist auch am Arbeitsplatz angekommen. Viele von uns bewegt die Frage, wie sich unser Arbeitsleben verändern wird. Berufsbilder wie Data Scientist oder Big Data Engineer waren vor zehn Jahren noch unbekannt.

Digitale Assistenten und Industrie 4.0

Der Einfluss von digitalen Assistenten und künstlicher Intelligenz hat auch vor den Berufsbildern in der Industrie nicht Halt gemacht. Im Zuge von Industrie 4.0 hat sich die Arbeit in den Produktionshallen stark verändert. Informationen über Produktionsabläufe liegen in Echtzeit vor und sind von überall in der Welt abrufbar. Ein Produktionsleiter kann so bequem von jedem Ort der Welt aus die Produktion an verschiedenen Standorten zum Beispiel in Brasilien, China und Deutschland parallel koordinieren und flexibel auf Kundenanfragen reagieren. Nur eine Eingabe auf dem Tablet und schon wissen die Mitarbeitenden in China, dass ein:e Kund:in Anpassungen am Produkt wünscht. Nun können die Teams vor Ort reagieren und selbstorganisiert die Abläufe an den Kundenwunsch anpassen. Wenn es nötig ist, können sie auch direkt Kontakt zu Teams an anderen Standorten aufnehmen und die nächsten Schritte besprechen. Dabei werden die Teams von digitalen Assistenten unterstützt, die zum Beispiel die Planung von Arbeitsschichten übernehmen und dabei die persönlichen Bedürfnisse jedes Teammitglieds berücksichtigen oder einzelne Arbeitsschritte planen und vorgeben. Gleichzeitig ermöglicht diese agile Struktur den Mitarbeitenden autonom Produktionsabläufe anzupassen und direkt mit den Kund:innen oder anderen Teams in den Austausch zu treten. Das hilft, die Abläufe schneller zu machen. Darüber hinaus bekommen Teams von Kund:innen und anderen Teams direktes Feedback zu ihrer Arbeit.

Eine Frau steht in einem Gang, sie hält einen Laptop in der Hand. Sie spiegelt sich in Glas, dahinter sind große Server zu sehen.
Teammitglieder kommunizieren digital mit Kund:innen oder anderen Teams.
Bild: Christina @ wocintechchat.com, Unsplash

An diesem Beispiel sehen wir, dass sich die Anforderungen an Mitarbeitende und Führungskräfte durch die Digitalisierung wandeln. Es geht dabei nicht nur um das Erlernen von neuen Technologien, sondern primär um zwischenmenschliche Kompetenzen und Kommunikationsstrukturen. Wir beobachten einen Trend hin zu autonomen Teams, agilen Organisationsstrukturen und mehr Selbstwirksamkeit jedes Einzelnen. Gleichzeitig steigt damit die Verantwortung jedes Mitarbeitenden für das Arbeitsergebnis und die Führungskraft nimmt eine aktive Coaching-Haltung ein und agiert als Mentor:in oder Trainer:in.

Neue Rollen und Kompetenzen: Das Forschungsprojekt teamIn

Rollen müssen neu definiert und die Kompetenzen der Belegschaft entsprechend weiterentwickelt werden. Wir entwickeln in unserem Forschungsprojekt teamIn gemeinsam mit Partner:innen aus der Industrie und der Forschung einen Kompetenzatlas für die Mitarbeitenden im Produktionsumfeld. Der Mensch steht bei unserer Arbeit im Fokus und wir binden alle Mitarbeitenden aktiv in den Entwicklungsprozess ein. In Workshops und kurzen Umfragen, sogenannten Pulse Checks, haben wir gemeinsam mit Führungskräften und ihren Teams Kernkompetenzen für Führungskräfte identifiziert.

Nach wie vor spielen klassische Kompetenzen wie Mitarbeitendenentwicklung und Optimierung von Prozessabläufen eine Rolle. Darüber hinaus erwarten Mitarbeitende, dass ihre Führungskräfte fit im Umgang mit digitalen Techniken sind und offen für Veränderungen. In Zukunft werden Führungskräfte vermehrt gefordert sein, ihre Teams auf dem Weg hin zu mehr Autonomie und Selbstgestaltung zu unterstützen und entsprechend zu fördern. Ein Abgleich mit den heute vorhandenen Kompetenzen zeigt, dass Führungskräfte sich weiterentwickeln müssen, um diese Anforderungen zu erfüllen.

Durch einen gezielten Soll/Ist-Abgleich in unserem Kompetenzatlas können Führungskräfte herausfinden, wo sie stehen, und gezielt ihre Kompetenzen ausbauen. In Workshops oder digitalen Umfragen werden Soll- und Ist-Profil erhoben und die Ergebnisse analysiert. So entsteht für jeden Teilnehmenden ein individuelles Weiterbildungsprofil.

Beispielhaftes Kernkompetenzprofil aus dem Forschungsprojekt teamIn. Abgebildet sind fünf Kompetenz-Kategorien und jeweils eine IST- und eine SOLL-Ausprägung.
Beispielhaftes Kernkompetenzprofil für Teamleiter:innen.
1 = Anfänger:in, 2 = Kenner:in, 3 = Könner:in, 4 = Expert:in aus dem Projekt teamIn
Bild: Projekt teamIn

Das gilt natürlich auch für die Mitarbeitenden in Teams, die nun mehr selbst gestalten können und sollen. Dieses mehr an Autonomie in Teams bringt dabei nicht nur mehr Freiräume, sondern gleichzeitig auch mehr Verantwortung. Kompetenzen wie Verantwortungsbewusstsein und Eigenständigkeit gewinnen daher für alle Mitarbeitenden an Bedeutung.

Ein Mann mit Schutzbrille steht zwischen mehreren Geräten und bedient Schalter.
Teams in der Produktion haben viel Eigenverantwortung.
Bild: Science in HD, Unsplash

Training zum Erfolg

Unsere Ergebnisse zeigen, dass reine Techniktrainings nicht ausreichen, um Führungskräfte und Teams fit für den Wandel zu machen. Viele der erforderlichen Kompetenzen betreffen den zwischenmenschlichen Bereich und den Umgang im Team miteinander. Klare Rollen und Informationsflüsse sind dabei ein zentraler Baustein für den Erfolg. Im Rahmen unseres Forschungsprojekts konzipieren wir Trainings, die neben den technischen auch die zwischenmenschlichen Faktoren einbeziehen. Dazu nutzen wir eine sogenannte Lernfabrik, die einer realen Produktionsumgebung entspricht. In einem realen Produktionsprozess erlernen die Mitarbeitenden Kommunikationstechniken und den Umgang mit Eigenverantwortung, während Führungskräfte ihre Rolle als Coach und Mentor einüben. Es bleibt spannend zu sehen, wie neue digitale Assistenten im Arbeitsalltag integriert werden, die den Menschen ihre Aufgaben erleichtern und ihn in den Fokus der Betrachtung stellen .

 

Zum Weiterlesen:

Projektwebsite teamIn

Human Resource Management-Gruppe, Prof. Dr. Petra Nieken (KIT)

Malessa, N.; Ast, J.; Kandler, M.; Ströhlein, K.; Nyhuis, P.; Lanza, G.; Nieken, P. (2020): Digitale Führung und Technologien für die Teaminteraktion von morgen. Entwicklung eines Leitbildes für Führung und Interaktion in der digitalisierten Arbeitswelt, in: ZWF 115 (7-8), S. 540-544. DOI: 10.3139/104.112374

Lernfabrik Globale Produktion

Autorin

Prof. Dr. Petra Nieken

Porträtfoto von Petra Nieken
Bild: privat

Professorin für Human Resource Management am Institut für Unternehmensführung, Co-Sprecherin des Karlsruhe Decision & Design Labs, Projektpartnerin „teamIn“