Die Zukunft der Arbeit: Big Data und Leistungsmessung in Unternehmen

Schlecht gemachte Leistungsmessung bestraft und belohnt Mitarbeiter:innen willkürlich. Big Data kann helfen, die Leistungsmessung in Unternehmen genauer und damit auch fairer zu gestalten.
Eine Frau, die angestrahlt wird von Daten und ComputergrafikenThisIsEngineering von Pexels

Wir sind froh, wenn die Straßenbahn pünktlich kommt, und wenn nicht, schätzen wir, dass der Bildschirm auf dem Bahnsteig oder unsere App uns die voraussichtliche Ankunftszeit mitteilt. Wir sind froh, dass das Straßenbahnunternehmen genau weiß, wann und wo es die extragroßen Straßenbahnen einsetzen muss, damit bei Bedarf genügend Sitzplätze vorhanden sind. Und es ist großartig, dass die App uns ermöglicht, Fahrkarten auf der Grundlage der genauen zurückgelegten Strecke zu kaufen.

Angetrieben von internetbasierten Geschäftsmodellen, sozialen Medien, mehr Sensoren in physischen Prozessen (Internet der Dinge) und auch ermöglicht durch neue Datenbanktechnologie und leistungsstarke Analysetools generieren, sammeln und nutzen Unternehmen mehr und neue Daten, um bessere Produkte und Dienstleistungen anzubieten.

Aber wie sieht es mit der Nutzung von Big Data für Managementzwecke aus? Zum Beispiel, um in jedem Moment die Leistung einzelner Mitarbeiter:innen zu messen. Um Qualitätsprobleme im Produktionsprozess zu messen und festzustellen, wann und wo diese Probleme aufgetreten sind – und wer sie verursacht hat.

Viele Menschen sehen solche Management-Anwendungen von Big Data als problematisch an. Doch schauen wir über solche anfänglichen Befürchtungen hinweg und betrachten wir genauer, was Big Data für die Leistungsmessung bedeuten kann.

Sorgfältige Leistungsmessung

Das Ziel der Leistungsmessung ist es, mit quantitativen Informationen (Leistungsmaßen) zu zeigen, wie gut die Mitarbeiter:innen ihre Arbeit verrichten. Beispiele solcher Leistungsmaße sind Umsatz einer Filiale, oder Zufriedenheit der Kunden. Ob und gegebenenfalls wie stark die Leistungsmessung auch Konsequenzen für die Bezahlung hat (z. B. für den Lohn der Filialleiterin), ist eine andere Frage, welche wir hier nicht betrachten.

Wie kann Leistungsmessung sorgfältig durchgeführt werden? Dazu müssen die Leistungsmaße mehrere Messeigenschaften haben:

  • Sensitivität: Leistungsmaße müssen darauf reagieren, wenn Mitarbeiter:innen härter und besser arbeiten.
  • Präzision: Leistungskennzahlen sollten nicht aufgrund von Störfaktoren, die Mitarbeiter:innen nicht wirklich beeinflussen kann, nach oben oder unten gehen.
  • Zuverlässigkeit: Leistungskennzahlen sollten auf verlässlichen Daten beruhen, die korrekt sind und überprüft werden können.
  • Vollständigkeit: Leistungskennzahlen sollten alle relevanten Dimensionen der Arbeit der Mitarbeiter:innen erfassen.

Maßnahmen, die diese Eigenschaften haben, können zeigen, wie gut die Kolleg:innen arbeiten, und Big Data kann hilfreich sein, um die Leistungsmaßnahmen sensibler, präziser, zuverlässiger und vollständiger zu machen.

Wenn Big Data für Managementzwecke genutzt werden würde, könnte die Leistung einzelner Mitarbeiter:innen vielleicht fairer und objektiver gemessen werden.
Bild: Gerd Altmann, Pixabay

Aber vielleicht fühlen sich Performance-Messungen basierend auf Big Data zu sehr nach „Big Brother, bzw. Management, is watching you“ an? Nun, ziehen wir die Alternative in Betracht. Wir nutzen einfach nicht viele Daten und wir verwenden keine fortgeschrittene Analysetools. Vielleicht funktioniert das. Oder, vielleicht schafft es unfaire Situationen: Sie arbeiten härter und machen einen besseren Job, aber die Leistungskennzahlen verbessern sich kaum. Einige Kolleg:innen lassen nach und überlassen Ihnen die Arbeit, aber auch das wird nicht angezeigt. Und dann kommt noch dazu, dass die gemeldeten Leistungszahlen manchmal einfach falsch zu sein scheinen – und niemand versteht, warum. Außerdem sind Sie frustriert, dass es für einige Teile Ihrer Arbeit, die eigentlich jeder für wichtig hält, überhaupt keine Leistungsmessungen gibt.

Sicherlich ist eine schlecht gemachte Leistungsmessung auch nicht im Interesse der Mitarbeiter:innen. Es bestraft sie willkürlich für Unglück und belohnt sie für Glück.

Ein Beispiel

Betrachten wir das Beispiel einer Filialleiterin im Stadtzentrum. Die Zentrale setzt Umsatzziele, die auf dem Vorjahr + 10 Prozent basieren – egal, was passiert ist. Nun kommen aber wegen Straßenbauarbeiten viel weniger Menschen in die Innenstadt und ein großer Konkurrent hat neulich in derselben Stadt ein Geschäft eröffnet. Wie fair ist jetzt das Umsatzziel? Wie fair ist die Messung?

Nun stellen Sie sich vor, die Zentrale hat Big Data über die Verkäufe der Filiale in jeder Minute, wie viel Zeit die Angestellten im Geschäft mit verschiedenen Tätigkeiten verbringt, die Kaufkraft der Menschen in der Stadt, wie viele Menschen an jedem Tag ins Stadtzentrum kommen, Umsätze der Geschäfte in derselben Straße und der Wettbewerber in der Innenstadt, und so weiter. Die Zentrale könnte solche Big Data nutzen, um realistischere Verkaufsziele zu formulieren. Danach könnte die Zentrale versuchen herausfinden, wenn es nicht so gut lief, inwieweit das daran lag, dass die Filialleiterin einen schlechten Job gemacht hat, und inwieweit sie einfach Pech hatte, das nicht ihre Schuld war. Und wenn der Verkauf sehr gut lief: Inwieweit hat die Filialleiterin einen guten Job gemacht, und inwieweit war es Glück?

Ja, Big Data könnte eine detaillierte Überwachung der Filialleiterin und anderer Mitarbeiter:innen bedeuten. Aber Big Data könnte auch Schutz vor willkürlichen Zielvorgaben und unfairen Interpretationen von Leistung bieten – wenn es gut gemacht ist. Dabei sind selbstverständlich die rechtlichen Rahmenbedingen immer zu betrachten.

Begrenzungen

Sollte Big Data das letzte Wort darüber haben, wie die Mitarbeiter:innen ihre Leistung erbringen? Sollten Manager:innen nicht persönlich die Leistung ihrer Mitarbeiter:innen bewerten? Es gibt eine Rolle für beides, aber selbst dann: Menschen machen auch Fehler und sind nicht unbedingt immer die besseren Entscheidungsträger. Big Data und analytische Modelle sind nicht perfekt, aber menschliche Manager:innen sind es auch nicht.

Autor

Prof. Dr. Marc Wouters

Porträtfoto Marc Wouters
Bild: Jeroen Oerlemans

Professor für Management Accounting am KIT, Institut für Unternehmensführung, und an der Universität von Amsterdam

"Big Data und analytische Modelle sind nicht perfekt, aber menschliche Manager:innen sind es auch nicht."

Natürlich ist die Quantität und Qualität der Arbeit nicht immer in Leistungszahlen messbar. Denken Sie an kreative Arbeit, für die es keine standardisierten Outputs gibt und für die keine Formeln die erforderlichen Inputs berechnen können. Big Data kann manchmal dennoch genutzt werden, um einem menschlichen Entscheidungsträger umfassendere Daten und Analysen zur Verfügung zu stellen.

Ob Big Data für Managementzwecke genutzt werden sollte, ist also nicht die Hauptfrage. Wichtiger ist die Frage, ob das Management in der Lage ist, Big Data professionell und gezielt einzusetzen, um die Zielsetzung und Leistungsmessung genauer und fairer zu gestalten.

 

Zum Weiterlesen:

B. Groen, M. Wouters & C. Wilderom (2017). Employee participation, performance metrics, and job performance: A survey study based on self-determination theory. Management Accounting Research, 36: 51-66. http://dx.doi.org/10.1016/j.mar.2016.10.001

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